Steigerung der Bioplastik Produktion an der BVT

Steigerung der Bioplastik Produktion an der BVT

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Erstellt von: Anika Bockisch Kommentare: 0 0

21.06.2023

Meilenstein auf dem Weg zur industriellen PHA-Produktion

Mithilfe eines innovativen Fütterungssystems konnten Forschende des Fachgebiets der TU Berlin die mikrobielle Produktion des Biokunststoffs PHA aus tierischen Abfällen deutlich steigern.

Steigerung der Bioplastik Produktion an der BVT
Ausgangsprodukt für die PHA-Gewinnung: braun glänzendes tierisches Abfallfett (1.v.l.). Wenn es mit Lösungsmitteln gereinigt worden ist, wird es ein strahlend weißes Pulver (4.v.l.) oder hat die Struktur von Seidenpapier (5.v.l.). Quelle: Christian Kielmann.

Biokunststoffe, die biologisch abbaubar sind, gelten als besonders nachhaltig. Wichtige Akteure auf dem Weg zu biologisch abbaubaren Kunststoffen sind daher Bakterien, die Abfallstoffe verstoffwechseln und Biopolymere wie Polyhydroxybuttersäure (PHB) oder Polyhydroxyalkanoat (PHA) herstellen können. Bioverfahrenstechniker der TU Berlin haben jetzt einen wichtigen Meilenstein in der bakteriellen Produktion des Biokunststoffs PHA erreicht. Mithilfe eines neu entwickelten automatisierten Fütterungssystems ist es ihnen gelungen, im Labor die höchstmögliche Ausbeute an PHA zu erzielen. Das Biopolymer ist thermoplastisch verformbar und vollständig biologisch abbaubar.

Bakterium mit tierischen Abfällen gefüttert

Grundlage für die bakterielle Produktion von PHA sind tierische Abfälle. Das Team um Sebastian Riedel und Saskia Waldburger vom Fachgebiet Bioverfahrenstechnik nutzt dafür Abfälle aus der Gastronomie und aus der Heparinproduktion – ein Stoff, der aus der Dünndarmschleimhaut von Schweinen gewonnen wird und die Blutgerinnung hemmt, um zum Beispiel Thrombosen vorzubeugen. „Beide Prozesse sind computergesteuert automatisiert und auf den jeweiligen tierischen Abfall abgestimmt, sozusagen maßgeschneidert“, sagt Saskia Waldburger.

Als Bioplastikfabrik diente das Bakterium Cupriavidus necator. Der Kohlenstoff aus den tierischen Abfällen diente C. necator als Nahrung, um das Biopolymer herzustellen. „Das Bakterium lagert den überschüssigen Kohlenstoff als Energiereserve in Form von PHA in seinen Zellen ein. Das wird in Form von weißen Kügelchen in den Bakterienzellen gespeichert“, erklärt Waldburger.

Bakterielle PHA-Produktion in Echtzeit beobachtet

Dass die Ausbeute im Berliner Labor deutlich gesteigert werden konnte, liegt vor allem an einer neuen Technologie: der Photonendichtewellen-Spektroskopie. Damit konnte das Team den Wachstums- und Produktionsprozess in den Zellen in Echtzeit beobachten und auch steuern – zum Beispiel, wann das Wachstum der Bakterien nachlässt und wieder neues Fett zugegeben werden muss. Der Blick in die Zellen ermöglichte es dem Team auch erstmals, den genauen Zeitpunkt zu bestimmen, an dem die Bakterien das meiste PHA produziert haben und die „Ernte“ des PHA aus den Zellen beginnen kann.

„Die Überwachung der Kultivierung, also des Wachstums der Bakterien und der PHA-Produktion, ist ein wichtiger Teil unseres automatisierten Fütterungsprozesses und ein Meilenstein in unserer PHA-Forschung auf dem Weg, die PHA-Produktion aus dem Labor in die industrielle Anwendung überführen zu können“, sagt Sebastian Riedel.

Vom Labor in den Pilotmaßstab

Dank dieser Technologie konnte die PHA-Produktion schließlich von einem 3-Liter- auf einen 750-Liter-Bioreaktor – also vom Labor- auf den Pilotmaßstab – hochskaliert werden. So wurden im vergangenen Jahr mit Unterstützung eines Forschungspartners in Malaysia aus 50 Kilogramm Bakterienzellen 35 Kilogramm reines, weißes PHA-Pulver gewonnen. Daraus wollen die Forschenden zunächst Papierbeschichtungen herstellen. Das aus tierischen Abfällen gewonnene PHA könnte aber auch für Folien und Fasern verwendet werden.

Als nächsten Schritt wollen Riedel und Waldburger industriell einsetzbare Bioprozesse entwickeln, die auch andere Rohstoffe wie Raps, Zucker oder Rohglycerin für die PHA-Produktion nutzbar machen.

Das Fachgebiet Bioverfahrenstechnik ist Mitglied im Netzwerk Bio-PAT. Mehr zum aktuellen Projekt PHAcoat HIER.

bb

Quelle: Bioökonomie.de